Zinsen und ihre Rolle in der Wirtschaft und im Leben (teil 6 von 7): Die Krankheiten des Zinses I
Beschreibung: Die verschiedenen Arten, auf die Zinsen der Gesellschaft geschadet hat.
- von Jamaal al-Din Zarabozo (© 2010 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 20 Dec 2010
- Zuletzt verändert am 20 Dec 2010
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Die Krankheiten des Zinses
Wirtschaftler können versuchen, mit zahllosen Rechtfertigungen für die Zahlung von Zinsen aufzuwarten, aber die wirkliche Prüfung besteht darin, zu studieren, welche Auswirkungen Zinsen haben. Es ist wichtig, zu bemerken, dass wenn Gott etwas verboten hat, dies nicht bedeutet, dass es absolut nichts Nützliches an dem verbotenen Ding oder der verbotenen Handlung gäbe. In der Tat mag man in der Lage sein, auch in verbotenen Dingen etwas Nützliches zu finden. Beispielsweise sagt Gott im Qur´an über Alkohol:
“Sie befragen dich (O Prophet) über Berauschendes und Glücksspiel. Sprich: „In beiden liegt großes Übel und Nutzen für die Menschen. Doch ihr Übel ist größer als ihr Nutzen…” (Quran 2:219)
Also ist nicht der wesentliche Punkt, ob es etwas Nützliches darin gibt, sondern ob sein Schaden den Nutzen überwiegt. Die Wirtschaftler können in der Lage sein, einen Hinweis auf eine Rechtfertigung für die Zahlung von Zinsen zu finden, aber diese wird den Schaden, den Zinsen nachweislich verursachen können, nicht aufwiegen, wie in diesem Abschnitt besprochen werden soll.
Selbst wenn Zinsen als eine Art Zahlung für einen Produktionsfaktor betrachtet werden, so besitzen sie einige einzigartige Eigenschaften, die sie von jedem anderen Produktionsfaktor unterscheiden. Aufgrund dieser einzigartigen Natur führt es zu einigen ziemlich störenden Ergebnissen.
Erstens führen Zinsen zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Einkommens. Dies kann man sehen, wenn wir zum Beispiel drei Menschen nehmen. Nehmen wir an, da sind drei Menschen, die all ihr Einkommen in einem vorgegebenen Jahr aufbrauchen, aber der erste von ihnen beginnt mit $1,000 Ersparnissen, der zweite mit $100 und der dritte mit keinen. Bei 10% Zinsen pro Jahr wird die erste Person $1,100, die zweite $110 und die dritte Person nichts auf ihren Konten. Wenn es im folgenden Jahr genauso weitergeht, wird die erste Person $1,210, die zweite $121 und die dritte wird nichts haben. Man kann schon erkennen, wie die Verteilung zwischen den Dreien mit jedem Jahr mehr auseinandergeht, auch zwischen dem, der über eigene Ersparnisse verfügt. Dieses Szenario wird noch schlimmer, wenn die reichste Person Ersparnisse hinzufügen kann. Nehmen wir an, er fügt am Ende eines jeden Jahres ein Tausend hinzu. Er wird dann am Ende des ersten Jahre 1,100 haben, er fügt $1,000 und macht weiter mit seinen 10% Zinsen und wird am Ende des zweiten Jahres $2,310 haben und so weiter. Nun ist es eine Sache, ob dieses gezahlte Geld tatsächlich aufgrund eines positiven Produktionsfaktors gezahlt wurde, aber in Wirklichkeit kann keiner in diesem Fall dieses Argument bringen. Das Geld, das die Menschen mit Zinsen machen, könnte von den Menschen, die es ausliehen,verschwendet, verloren oder sogar gestohlen worden sein, aber man muss immer noch Zinsen bezahlen. Es könnte in ein völlig zum Scheitern verurteilts Objekt investiert worden sein und daher tatsächlich nichts produziert haben. Aber dies alles zählt nicht, es muss gezahlt werden, ob dieser „Produktionsfaktor“ nun produziert oder nicht. Dies ist einfach einer der einzigartigen Aspekte von Geld und Zahlungen von Geld. Keiner kann argumentieren, dass dies gerecht sei und deswegen ist das Ergebnis eine ungleichmäßige Verteilung des Geldes.
Desweiteren wird die Verteilung des Einkommens nach und nach immer schiefer. Man kann sich vorstellen, dass manche Einzelne mit Millionen handeln, während andere in Hundertern oder Tausendern rechnen. Der Unterschied in ihren Zinseinkommen wird in der Tat riesig sein und mit jedem Jahr anwachsen. Mit anderen Worten, wie man häufig hört, wird es zu einer Situation führen, in der die Reichen reicher werden, während die Armen ärmer werden. Bemerke, dass diejenigen in Schulden Zinsen zahlen, die von Jahr zu Jahr mehr werden, noch nicht bedacht wurden. In ihrem Fall, wenn die Zinsen weiter ansteigen, wird immer mehr von ihrem Einkommen durch die Zinsen verbraucht, die ungleiche Verteilung des Einkommens wird damit noch weiter verschoben.
Manch einer könnte fragen, ob eine gleichmäßige Verteilunng des Einkommens als ein Hauptthema betrachtet werden kann. Abgesehen von den psychologischen Auswirkungen auf die Armen, insbesondere durch Massenmedien, die die Betonung des guten Lebens und des Bedarfs zu Konsumieren anpreisen, gibt es sehr wichtige Auswirkungen auf den Markt im Ganzen. In einer Marktwirtschaft ist die Produktion auf diejenigen eingestellt, die Geld haben, um für die Leistung zu bezahlen, ungeachtet der Tatsache, wie notwendig andere Güter für die Gesellschaft sein könnten. Wenn die Reichen eine Menge Geld für SUVs und benzin-saufende Fahrzeuge auszugeben wünschen, danach fragen und dazu willig sind, werden diese produziert (ohne Rücksicht darauf, wie viele Umweltschützer sich darüber beschweren könnten). Da die Einkommensverteilung immer schiefer wird, werden immer mehr Ressourcen den Wünschen der reichen Klassen geopfert. Ressourcen sind aber etwas „festgelegtes“, daher bedeutet dies, dass immer weniger den Bedürfnissen der ärmeren Klassen gewidmet wird. Außerdem je weniger Ressourcen für Güter, die die Armen brauchen, verwendet werden, desto höher gehen die Preise dieser Güter und schaden damit noch mehr der ökonomischen Situation der armen Menschen. Zum Beispiel kann man zahlreiche medizinische Kliniken nehmen, die vorwiegend Reiche versorgen (diejenigen, die sich solche Behandlungen leisten können), auch wenn sie alles andere als notwendig sind, wie an vielen Stellen für kosmetische Chirurgie und ähnlichem. Zur selben Zeit kann man wenige Kliniken finden, die Arme versorgen und ihre Grundbedürfnisse stillen. Wenn sie für solche essentiellen Dienste mehr zahlen könnten, würde man in einer marktorientierten Ökonomie, auf jeden Fall mehr von diesen Kliniken finden, mehr Ressourcen, die für ihre Bedürfnisse eingesetzt werden und einen geringeren Preis auf lange Zeit für das, was sie benötigen. (Außerdem hat diese schiefe Verteilung starke Bedeutungen für die Gesundheit der Demokratie; allerdings geht diese Diskussion über den Umfang dieser Abhandlung hinaus.)
Zusätzlich verbreitert die Last der Zinsen auf die Armen, die Schulden machen und sie in eine Situation kommen lassen, wo sie sozial oder ökonomisch nicht weiterkommen, die Kluft zwischen den Reichen und den Armen. Schulden selbst schaffen eine schwierige Situation für jeden Einzelnen. Allerdings sind es Zinszahlungen , die aus den Schulden eine lebende Zielscheibe machen, mit denen der Einzelne oft nicht zurechtkommt. Wieder ist es ein Schwindelfaktor der Produktion, aber er funktioniert und gestattet den Reichen reicher zu werden, während er all jenen eine große Last auferlegt, die sich verschulden. Vielleicht sind alle Leser damit vertraut, wieviel die Vereinigten Staaten, das reichste Land der Welt, von einer Schuldnergesellschaft erhält. Dies hat nicht nur die niederen Klassen betrübt, sondern auch viele aus der Mittelklasse. Einige bemitleidenswerte Einzelpersonen erkennen nicht, dass sie beispielsweise wenn sie nur den Minimum ihrer Kreditkartenrechnung bezahlen, nie den Ausgleich schaffen.[1] Aber sicherlich trifft es den Armen am härtesten. In der Tat ist das System gegen sie; je ärmer ein Einzelner ist, je schlimmer seine Kreditraten und je höher die Zinsrate, die er zu zahlen hat, sind. Mirza Shahjahan Income, Debt and the Quest for Rich America: The Economic Tale of Small and Mid-Sized US Cities ist eine Studie darüber, wie Schulden und die damit zusammenhängende Zinslast viel von „Mittel-Amerika“ betrübt hat.[2] Die gefährliche Lage von Kleinbauern, die sie zwang, aufgrund der fallenden Preise auf ihre Produkte auszuleihen, wurde gut dokumentiert. Viele von ihnen haben ihre besonderen Besitztümer verpfändet oder ihre Farmen verloren, die über Generationen ihren Familien gehört hatten, einfach nur wegen der Zinszahlungen, mit denen sie nicht zurecht gekommen sind. Shahjahan fand heraus, dass einige der Armen über 15% auf ihr jährliches Einkommen alleine an Zinsen zahlen (die meisten zahlen 8% bis 12%) – nicht zu reden von der Belastung der Anrufe und Drohungen durch die Kreditgeber, die die Armen häufig erhalten. In Shahjahans Schlußfolgerung stellt er fest:
Sowohl die geldlichen als auch die wirklichen Belastungen der Schulden haben viele Schuldner in einen lebenslangen Kampf im Dienste ihrer Schulden versetzt. Die durchschnittliche Größe der Schulden von verschuldeten Haushalten für die Zeit von 1990 bis 1993 war $32,493, was fast 100% des Einkommens dieser Haushalte entsprach. Unsere Schätzung der pro Kopf Schulden im Haushalt für 1990-1993 liegt bei $12,571. Schulden dieser Größenordnung in Verbindung mit einer Teilzeitstelle und niedrigem Einkommen können deprimierend sein und überwältigende psychologische Zustände schaffen...
Die Zinszahlungen mancher Haushalte übersteigen 15% ihres Einkommens. Die hohen Zinskosten waren eine Quelle bedeutungsvoller Abtragungen des Haushaltseinkommens...
Die meisten Haushalte in mittelgroßen Städten – Millionen an der Zahl – kämpfen Tag und Nacht, um ihre Grundbefürfnisse stillen zu können. Tausenden von ihnen gelingt es nicht, für ein bescheidenes Leben ihrer Familien zu sorgen oder eine höhere Bildung ihrer Kinder zu finanzieren. Sie leben mit Schulden und sterben mit Schulden. Diese Situation läßt sie das Gefühl haben, kein volles Leben zu führen...
Diese Haushalte sind in einer Situation der ökonomischen Dienstbarkeit gefangen, in der die offensichtlichsten Fluchtwege durch institutionelle Kräfte blockiert sind. Sich Fertigkeiten oder eine höhere Schulbildung anzueignen, könnte der Schlüssel zu wirklichem Erfolg sein, aber höhere Bildung ist teuer und außerhalb der Reichweite der meisten Haushalte dieser Städte. Diese Haushalte bestitzen keine Gelegenheit, sich fortzuentwickeln und finden sich still von den Positionen überholt, auf die sie gehofft hatten. Dies ist die bedenkliche Lage der Familien der Arbeiterklasse in den kleinen und mittelgroßen Städten unserer Nation.“[3]
Footnotes:
[1] Shahjahan bemerkt “Die meisten Haushalte sind sich des Grades der Abtragung von ihrem Einkommen gar nicht wirklich bewusst, der von hohen Zinszahlungen auf ausstehende Schulden herrührt.” Mirza Shahjahan, Income, Debt and the Quest for Rich America: The Economic Tale of Small and Mid-Sized US Cities (Beltsville, MD: Writers’ Inc. International, 2000), S. 103.
[2] Shahjahan, passim.
[3] Shahjahan, S. 224-236.
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