Die Psychologie der Selbstkontrolle im Islam (Teil 2 von 2): Die kühle kognitive Annäherung
Beschreibung: Wie der Islam Selbstkontrolle lehrt und damit auf den Erfolg vorbereitet.
- von Aisha Stacey (© 2017 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 27 Mar 2017
- Zuletzt verändert am 27 Mar 2017
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Der Prophet Muhammad hatte über das Thema Wut viel zu sagen. Seine Gedanken und Empfehlungen resonnieren perfekt mit der Diskussion über das Widerstehen kurzfristiger Versuchungen, mit denen wir den 1.Teil beendet haben. In vielen seiner Aussagen und Überlieferungen teilt uns der Prophet Muhammad mit, Selbstkontrolle zu üben und der Quelle des Ärgers lieber mit einer kühlen kognitiven Annäherung zu begegnen, als mit einer heißen Überreaktion. Die heiße oder emotionale Antwort ist häufig die, die uns am leichtesten fällt, und genauso häufig führt sie zu einem wenig erwünschten Ausgang. Moderne Studien schlagen vor, dass Menschen, die kosistent eine heiße Antwort wählen, Wege angeboten werden sollen, ihre Reaktion abzukühlen. Lass uns einige der Hadithe aus der Perspektive der Selbstkontrolle betrachten.
·"Der Starke ist nicht der, der körperliche Stärke besitzt, sondern der, der seine Wut kontrollieren kann."[1] Der Prophet Muhammad teilt uns mit, dass es eine starke Persönlichkeit braucht, um Selbstkontrolle zu üben, wenn man wütend ist und dass Selbstkontrolle eine wünschenswerte Eigenschaft für einen Gläubigen ist.
·"Wenn einer von euch wütend wird und er steht, dann sollte er sich hinsetzen, bis sein Ärger verschwindet. Wenn nicht, dann sollte er sich hinlegen."[2] Wenn jemand von Wut übermannt wird, dann ist es schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren und überlegt zu handeln. Sich hinzusetzen, die Reaktion zu verzögern, gestattet der Person abzukühlen und klar zu denken. Wenn das Sitzen nicht ausreicht, dann sollten wir uns hinlegen, wird uns mitgeteilt. Metaphorisch gesehen gießen wir Wasser auf die heiße Reaktion.
·"Wenn einer von euch wütend wird, soll er die Gebetswaschung durchführen, denn Wut entsteht vom Feuer."[3] Die Gebetswaschung gießt buchstäblich Wasser auf eine heiße, unbedachte Reaktion.
Selbstkontrolle kann beschrieben werden als das, was Menschen benutzen, um ihre Impulse und Wünsche einzuschränken. Es ist die Eigenschaft, eine Reaktion durch eine andere zu ersetzen. Die Weltpsychologie des 21. Jahrhunderts sieht dies als einen sehr wünschenswerten Charakterzug an, und dass diejenigen, die erfolgreich sein wollen, kultivieren und so lächerlich es klingen mag, üben sollten. In mehr als einer Studie wurde die Selbstkontrolle mit einem Muskel verglichen.[4] Selbstkontrolle üben zieht Energie von einer limitierten Quelle, und sobald diese erschöpft ist, gibt es weniger Energie, die für Selbstkontrolle zur Verfügung steht. Dies ist genau dasselbe wie ein Muskel, der Stärke und Energie erfordert, um Kraft auszuüben, und nach einer Zeit ermüdet. Allerdings scheint es, je mehr du Selbstkontrolle übst, desto leichter fällt sie dir.
Die Menschen beginnen den Tag frisch, doch im Laufe des Tages vermindert sich ihre Willenskraft. Viele Entscheidungen und Selbstregulierung macht sie müde. Forscher haben beobachtet, dass Selbstkontrolle dazu neigt, später am Tag zusammenzubrechen, insbesondere an anstrengenden, stressreichen Tagen. Die meisten Diäten werden abends gebrochen, ebenso sexuelle Verfehlungen und Rückfälle in süchtigmachende Verhaltensstörungen treten am Ende langer, stressreicher Tage auf. Studien haben gezeigt, dass die Bereitschaft der Menschen zu betrügen und zu stehlen ansteigt, nachdem die Reserve ihrer Willenskraft aufgebraucht ist.[5]
Der Islam hat lange schon die Ansicht vertreten, dass Menschen im Tagesverlauf mehr Erinnerungen brauchen. Wenn wir das Gebet als Erinnerung betrachten, können wir erkennen, dass es diesen Zweck erfüllt, wenn die Menschen im Tagesverlauf müde werden. Wir beginnen den Tag mit Fajr, dem Morgengebet, und dann folgt ein großer Zeitblock, in dem produktive Arbeit geleistet werden kann. Jegliche moralischen oder selbstregulierenden Entscheidungen werden mit Leichtigkeit getroffen. Beim Mittagsgebet haben wir Zeit, dankbar zu sein, unser müdes Gehirn zu erholen und uns daran zu erinnern, dass unsere Leben der Zufriedenheit Gottes gewidmet sind. Doch es ist immer noch ein langer Tag, wir sind hungrig und erschöpft.
Diese Erinnerungen von Gott kommen immer wieder; es gibt noch drei Pflichtgebete vor dem Schlafengehen. Gebete, das sollten wir nicht vergessen, sind wie ein kleiner "Kick", wir verlassen es mit einem erfrischten Gefühl, ein bisschen näher an Gott, und entschlossen, von allem fernzubleiben, das Ihm missfällt. Wir haben das Antidot für die körperliche und mentale Erschöpfung unserer Muskel. Wer ist schon geneigt, von seinem Gebetsplatz aufzustehen, um zu betrügen, lügen oder stehlen?
Der Prophet Muhammad sagte, das erste, das von den Taten eines Menschen am Tag des Gerichts beurteilt wird, wird das Gebet sein. Wenn es in guter Verfassung ist, dann wird er gedeihen, wenn es fehlerhaft ist, wird er scheitern.[6] Wenn die Verbindung zu Gott den ganzen Tag über gewissenhaft aufrechterhalten wird, gestattet dies der Person, gegen alles Übel und Versuchungen anzukämpfen und es gibt ihr die Kraft, gute Entscheidungen zu treffen, indem sie ihre Willenskraft und Selbstkontrolle einsetzt.
Wie bei jedem guten Muskel: je mehr wir ihn nutzen, desto stärker wird er und nicht nur das, wir entwickeln das, was eine Muskelerinnerung genannt wird. Dies sind Erinnerungen von regelmäßigen Aufgaben, die im Gehirn gespeichert werden. Durch Wiederholung kannst du in etwas extrem gut werden, in Selbstkontrolle zum Beispiel. Der Beweis legt nahe, dass erfolgreiche Menschen weniger Zeit damit verbrauchen, Versuchungen zu widerstehen und Entscheidungen zu treffen. Erfolgreiche Menschen sind diejenigen, die mit der Erlaubnis und der Hilfe Gottes eine starke Selbstkontrolle entwickelt haben. Niemand sagt, dass es leicht ist, aber es ist machbar und erstrebenswert.
Gott erklärt im Qur´an, dass menschliche Wesen Schwächen haben, die ihren Erfolg beeinträchtigen. Diese Schwäche ist ein Mangel an Willenskraft oder die Unfähigkeit, ihren Sinn für ihren Zweck zu sichern. Als Gläubige wissen wir, was zu tun ist, doch oft fehlt uns die Selbstkontrolle, die richtige Richtung anzustreben. Wir haben keine Muskelerinnerung aufgebaut. Unsere Lebensweise, der Islam, gibt uns unzählige Gelegenheiten, unsere Stärke aufzubauen und zahllose Wege, Selbstkontrolle zu verwenden. Die neu entwickelte Psychologie der Selbstkontrolle wurde in der Religion des Islam bereits seit ziemlich langer Zeit aufgenommen, seit Adam um genau zu sein.
"Und wahrlich, Wir schlossen zuvor einen Bund mit Adam, aber er vergaß (ihn); Wir fanden in ihm kein Ausharrungsvermögen " (Quran 20:115)
"Und wenn aber einer das Jenseits begehrt und es beharrlich erstrebt und gläubig ist - dessen Eifer wird mit Dank (von Gott) belohnt. " (Quran 17:19)
Eine gute Art, unsere Diskussion über den Islam und Selbstkontrolle zu beenden, ist mit einer Aussage des Propheten Muhammad. Es ist eine Erinnerung daran, dass selbst die kleinste Anstrengung von Gott riesig anerkannt werden kann.
"...die Taten, die Gott am meisten liebt, (sind die,) die regelmäßig getan werden, auch wenn sie wenig sind."[7]
Fußnoten:
[1] Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim
[2] Abu Dawud.
[3] Ibid
[4] Muraven, Mark; Baumeister, Roy F. (2000). "Self-regulation and depletion of limited resources: Does self-control resemble a muscle?". Psychological Bulletin 126 (2): 247–59.
Hagger, Martin S.; Wood, Chantelle; Stiff, Chris; Chatzisarantis, Nikos L. D. (2010). "Ego depletion and the strength model of self-control: A meta-analysis". Psychological Bulletin 136 (4): 495–525.
[5] Mead, N.L., Baumeister, R.F., Gino, F. et al. (2009). Too tired to tell the truth: Self-control resource depletion and dishonesty. Journal of Experimental Social Psychology, 45, 594–597.
[6] At-Tirmidhi
[7] Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim
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