Sklaverei (teil 1 von 2): Ein Rückblick
Beschreibung: Der Artikel bespricht drei Themen: (a) Sklaverei in der judeo-christlichen Tradition (b) Sklaverei vor dem Bürgerkrieg in den USA (c) moderne Sklaverei.
- von Imam Mufti (© 2015 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 12 Oct 2015
- Zuletzt verändert am 25 Jun 2019
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Erstens weiß ein wissender Jude oder Christ sehr wohl, dass in der Bibel von Sklaverei gesprochen wird. Das jüdische Gesetz hat über Sklaven und deren Behadlung sehr viel zu sagen. Diese Angelegenheit steht aber nicht zur Debatte. Es ist eine Tatsache, die jeder Rabbi und jeder geschulte Pastor kennt.
Zweitens genau wie Juden und Christen in ihren Lehren und Predigten nicht über Sklaverei sprechen, lehren auch Muslime nicht viel zu diesem Thema. Warum? Der einfache Grund ist, dass Sklaverei nicht mehr in der Form wie früher existiert. Von der "Sklaverei des Islam" zu sprechen, als würden Muslime diese heutzutage praktizieren, ist nicht ehrlich.
Jedes Land hat seine eigenen Gesetze gegen Sklaverei. Allerdings sagen Experten, dass Sklaverei heutzutage eine andere Form angenommen hat, die sollten wir kurz besprechen.
Definition von Sklaverei nach der UN
Der Sklave hat drei definierende Eigenschaften: seine/ihre Person ist das Eigentum eines anderen Menschen, seinen/ihren Willen ordnet er/sie ganz der Autorität seines/ihres Eigentümers unter und seine/ihre Arbeit wird durch Zwang erhalten.[1] Die internationale Gemeinschaft hat die Sklaverei als eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen eingestuft und die klassische Definition von Sklaverei ist in der Konvention von 1926 festgelegt: "Der Zustand oder die Stellung einer Person, über die eine andere jegliche oder sämtliche Macht verbunden mit einem Besitz ausübt."[2] 1956 wurden verschiedene zusätzliche Definitionen zur Sklaverei hinzugefügt: Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft, Zwangsehen, Übertragung von Ehefrauen, vererben von Ehefrauen und der Transfer eines Kindes zum Zwecke der Ausbeutung.[3]
Wurzeln der Sklaverei in der Bibel
Die Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament billigt Sklaverei.[4] Die Bibel existierte schon vor dem Qur´an.
Die Bibel stellt fest, dass Noah eines morgens aufwachte und herausfand, dass ihn Ham, einer seiner Söhne, nackt gesehen hatte. Noah verfluchte den Sohn mit dem schlechten Benehmen und alle Nachkommen Kanaans, Hams Sohn, indem er sagte: "sei ein Knecht aller Knechte unter seinen Brüdern" (1Mose 9:25). Es muss dazu angemerkt werden, dass diese Geschichte oder ähnliches nicht im Qur´an oder den Lehren des Propheten Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, zu finden ist.
Es gibt eine lange Tradition bei Christen, dass Ham der Vater der schwarzen Rassen Afrikas sei. Sem ist der Vater der Semiten (einschließlich Araber und Juden) und Japheth ist der Vater der Weißen. Daher wurde diese Passage der Bibel dazu verwendet, die weiße Rasse als überlegen anzusehen und um die der Schwarze zu ihren Dienern zu machen.[5] Diese "biblische Passage wurde jahrhundertelang zur hauptsächlichen Rechtfertigung für die Versklavung von Schwarzen benutzt".[6] Noch vor nicht allzu langer Zeit berief sich die Reformierte Kirche in Südafrika auf diesen "Fluch", um das "Recht" der weißen Herrscher über die Schwarzen zu unterstützen.
Sklaverei wird in den zehn Geboten, die wir in der Bibel[7] finden, zweimal erwähnt, jedoch kein einziges Mal in den zehn Geboten des Qur´an.
Levitikus 25:44-46 (eines der Bücher der heutigen Torah, der jüdischen Schrift) ist ein Schlüsseltext, der für die Rechtfertigung von Sklaverei verwendet wird. Er besagt, dass Gott zu den Juden gesagt habe: ‘Willst du aber leibeigene Knechte und Mägde haben, so sollst du sie kaufen von den Heiden, die um euch her sind,... sollt sie besitzen und eure Kinder nach euch zum Eigentum.’
Abraham, ‘der, den Gott für Seine Liebe auserwählt hatte,’ und ‘der Vater der Gläubigen’ kaufte Sklaven von Haran (Gen 12:50), bewaffnete 318 Sklaven, die in seinem Haus geboren worden waren (Gen 14:14), zählte sie zu seinem Besitz (Gen 12:16, 24:35-36), und vererbte sie seinem Sohn Isaak (Gen 26:13-14). Die Bibel sagt, Gott segnete Abraham, indem Er seine Slaven vermehrte (Gen 24:35). In Abrahams Haushalt sprechen Engel zu Hajar, seiner Sklavin, sie solle zu Sara zurückkehren. Der Engel sagt ihr: "Kehre wieder zu deiner Herrin zurück, und demütige dich unter ihre Hand." (Gen 16:9).
Auf Befehl Gottes nahm Josua Sklaven (Jos 9:23), das tat auch David (1 Könge 8:2,6) und Salomo (1 Könige 9:20-21).
Hiob, den die Bibel als ‘aufrichtig und vollständig Gott ergeben’ bezeichnet, war ein großer Sklavenhalter. Siehe Hiob 1:15-17, 3:19, 7:2, 31:13, 42:8 wo Hiob von seinen Sklaven spricht.[8]
Jesus akzeptierte Sklaverei. Die heutigen Evangelien enthalten kein einziges Wort, das Jesus zugeschrieben wird, in dem er irgendetwas zur Sklaverei sagte. Jesus traf Sklaven (Lukas 7:2-10, 22:50, etc) und gab Gleichnisse von Sklaven (Matthäus 13:24-30, 18:23-35, 22:1-14, Lukas 12:25-40, 14:15-24, etc),aber er hat sich nie gegen die Sklaverei ausgesprochen. Vergleiche dies mit dem, was der arabische Prophete des Islam über Sklaven gesprochen hat, im nächsten Teil des Artikels.
In etwa siebzig Passagen unterstützten die Anhänger Jesus´ direkt die Sklaverei. Sie sagten, Sklaven sollten ihr Schicksal annehmen und wiesen deren Herren an, sie freundlich zu behandeln. (1 Korinther 7:20-21, Epheser 6:5-9, Kolosser 3:22-25, 1 Timotheus 6:1-2, Titus 2:9-10, Philemon 10-18, 1 Petrus 2:18-19). 1 Timotheus 6:1-3 weist Sklaven an, ihre Position anzunehmen und ihren Herrn zu gehorchen, denn dies sei ein Befehl von "unsers HERRN Jesu Christi ".
Die meisten christlichen Theologen und Gelehrten haben bis zum vergangenen Jahrhundert geglaubt, die Bibel genehmige Sklaverei. Unter diesen waren Augustinus, Thomas von Aquin, Luther, Calvin und andere.[9]
1835 griff die Presbyterian Synod of West Virginia die Bewegung an, die Sklaven frei zu lassen, indem sie dies als einen Glauben gegen die "deutlichste Autorität des Wort Gottes" bezeichnete.[10]
Der Old School (presbyterianische) General Assembly Report von 1845 schlussfolgerte, dass Sklaverei auf ´einigen der deutlichsten Erklärungen der Worte Gottes´ basiere.[11]
1861 schrieb ein jüdischer Rabbi, Dr. M.J. Raphall of New York, ein viel publiziertes Pamphlet mit dem Titel "The Bible View of Slavery (Die biblische Ansicht zu Sklaverei" um die Sklaverei zu verteidigen.[12]
Noch 1957 stritt John Murray auf dem Westminster Theological Seminary[13] die Bibel würde Sklaverei erlauben und die früheren christlichen Gelehrten besaßen ein korrektes Verständnis von der Bibel.
Sklaverei in der US Verfassung
Der drei-fünftel Kompromiss ist im 1. Artikel Sektion 2 Paragraph 3 der US Verfassung zu finden. Der 3/5 Kompromiss (Sklaven wurden zu 3/5 auf die Bevölkerungszahl angerechnet) befähigte mehr Herren, Abgeordnete zu werden, auch wenn die 3/5 der Sklavenbevölkerung zählte, besaßen sie keine Stimme und durfte in der Demokratie nicht wählen.
Der Sklavenhandelskompromiss war eine Übereinkunft während der Constitutional Convention von 1787, welche die Interessen der Sklavenhalter schützte und dem Kongress die Macht nahm, für 20 Jahre auf den Sklavenhandel einzuwirken. Der Sklavenhandelkompromiss stoppte nach 1807 Sklavenimporte und regte die Zucht von Sklaven innerhalb der USA sowie Sklavenauktionen im Süden an.
Sklaverei nach dem Bürgerkrieg in den USA[14]
Der amerikanische Bürgerkrieg fand zum Teil wegen der Sklaverei statt. Während des Krieges erließ Präsident Abraham Lincoln die Emancipation Proclamation, die alle Sklaven der rebellischen Staaten befreite. Der Sieg des Nordens brachte 1865 das Ende der legalen Sklaverei in den Vereinigten Staaten.
Sklaverei, wie sie im alten Süden praktiziert wurde, nahm den Schwarzen jegliche Kontrolle über ihre eigenen Leben; sie mussten ihr Leben lang Sklaven sein, ihre Kinder wurden in die Sklaverei hinein geboren, Bildung war ihnen verboten, sie wurden hart für geringfügige Akte des Ungehorsams bestraft, ihre Familien wurden auseinander gerissen, wenn Kinder verkauft wurden, und Frauen wurden sexuell ausgenutzt. Das amerikanische Sklavensystem, das auf den Rassen basierte, war dazu entwickelt, auf jeder Ebene die Menschlichkeit des Sklaven zu nehmen, indem es Bezug auf die Haltung von Tieren nahm. Dehumanisierung hatte eine besondere Bedeutung für Amerikas Sklavensystem. In Amerika wurden Sklaven anhand ihrer Hautfarbe vermarktet. Hierin wurde Amerikas Sklavensystem von der amerikanischen Religion unterstützt: die Bibel informierte die Christen, dass Sklaven keine vollwertigen Menschen seien, sondern die Nachkommen Kanaans, den Gott als minderwertig und Diener anderer gebranntmarkt habe.[15]
Sklaverei heute
Die legale Sklaverei mag vorbei sein, aber die Institution existiert noch heute unter anderen Namen. Die Menschenrechtsbeobachter der Vereinten Nationen stellten fest: "Sklaverei war das erste Menschenrecht, das weltweit Besorgnis erregt hat und das tut es heute noch."[16] Das US State Department erkennt ebenfalls "moderne Sklaverei."[17]
Sklaven sind heute billiger als sie es je in 4000 Jahren gewesen sind. 1850 hat ein Sklave ungefähr $40,000 in heutigen Dollars gerechnet gekostet. Jetzt kostet ein Sklave $30-$90. Es gibt konservativen Schätzungen zufolge 27 Millionen Sklaven und mehr denn je in der menschlichen Geschichte.[18]
"…zwischen 14000 und 17500 Menschen werden jedes Jahr nach Angaben der US Regierung in den Vereinigten Staaten gehandelt, die meisten werden in das Sexgewerbe, im häuslichen Bereich oder zu landwirtschaftlicher Arbeit gezwungen. Zu jeder Zeit sind zwischen 52000 und 87000 in Leibeigenschaft... laut den Vereinten Nationen rangieren Profite durch den Menschenhandel unter den oberen drei Umsatzträgern des organisierten Verbrechens, nach Drogen und Waffen."[19]
Fußnoten:
[1] Definition entnommen aus D.B. Davies, The Problem of Slavery in Western Cultures (Cornell University Press, 1966), 31.
[4] Artikel über Sklaverei im AT und NT New Bible Dictionary (2nd edition, London: IVP, 1986), 1121-1125. Es muss angemerkt werden, dass das IVP New Bible Dictionary eine evangelische Betonung hat.
[5] Griffith Thomas, Genesis: A Devotional Commentary (Grand Rapids: Eerdmas, reprint 1953), 95-99.
[6] David Brion Davis, Inhuman Bondage: The Rise and Fall of Slavery in the New World (Oxford University Press, 2006) 5.
[7] Die meisten Menschen sind sich dessen nicht bewusst, dass die biblischen 10 Gebote die Sklaverei zweimal erwähnen, siehe Exodus 20:17 und Deuteronium 5:21, die fordern, den Sklaven einen Tag zur Erholung zu gewähren und das Verbot, den Sklaven des Nachbarn zu begehren.
[8] J.H. Hopkins, A Scriptural, Ecclesiastical, and Historical View of Slavery, from the Days of the Patriarch Abraham, to the Nineteenth Century, (New York, 1864), 76.
[9] A. Ruppercht, ‘Attitudes on Slavery Among the Church Fathers,’ in New Dimensions in New Testament Study (Grand Rapids: Zondervan, 1974), 261-277; J. Kahl, ‘The Church as Slave-Owner,’ in The Misery of Christianity (London: Penguin, 1971).
[10] H. Shelton Smith, In His Image, But…Racism in Southern Religion, 1719-1910 (North Carolina: Duke University Press, 1971) 172.
[11] J. Murray, Principles of Conduct (London: IVP, 1957), 260.
[13] (Westminster Theological Seminary), eine Presbyterische und Reformierte christliche Hochschule in Pennsylvania, mit einer Nebenstelle in London. See J. Murray, Principles of Conduct (London: IVP, 1957).
[15] "North American Slave Narratives" ist ein Universitätprojekt North Carolinas bei Chapel Hill, das Bücher und Artikel sammelt, welche die individuellen und kollektiven Geschichten afrikanischer Amerikaner sammelt, die im achtzehnten, neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert um Freiheit und Menschenrechte kämpfen.
Documente, die Sklaverei in Amerika diskutieren, kann man finden in Theodore Weld’s American Slavery As It Is: Testimony of a Thousand Witnesses, 1839, republished in Slavery In America (Illinois: Peacock, 1972) and W. L. Rose (ed.), A Documentary History of Slavery in North America (Oxford University Press, 1976). Für eine maßgebende Diskussion der Geschichte der amerikanischen Sklaverei siehe Inhuman Bondage: The Rise and Fall of Slavery in the New World von einem Historiker, der den Pulitzer Prize gewonnen hat, David Brion Davis.
[16] (http://www.ohchr.org/EN/Issues/Slavery/SRSlavery/Pages/SRSlaveryIndex.aspx)
[17] (http://www.state.gov/j/tip/what/)
[18] (www.freetheslaves.net)
[19] "Sklaverei ist nicht tot, nur weniger bemerkbar." (http://www.csmonitor.com/2004/0901/p16s01-wogi.html)
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