Die Toleranz des Propheten gegenüber anderen Religionen (teil 1 von 2): Jedem seine eigene Religion
Beschreibung: Viele glauben fälschlicherweise, dass der Islam die Anwesenheit anderer Religionen auf der Welt nicht toleriere. Dieser Artikel diskutiert einige Grundlagen, wie mit Menschen anderen Glaubens umzugehen ist, die der Prophet Muhammad selbst festgelegt hat. Er zitiert auch praktische Beispiele aus seinem Leben. Teil 1: Beispiele religiöser Toleranz für Menschen anderen Glaubens, die in der Konstitution zu finden sind, die der Prophet in Medina festgelegt hat.
- von M. Abdulsalam (© 2006 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 23 Nov 2009
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Die Umgangsweise des Propheten mit anderen Religionen kann am besten mit dem Vers aus dem Qur´an beschrieben werden:
“Ihr habt eure Religion, und ich habe meine Religion.”
Die Arabische Halbinsel war in der Zeit des Propheten eine Region, in der es Menschen völlig unterschiedlichen Glaubens gab. Es gab Christen, Juden, Zoroastrier, Götzendiener und noch andere, die mit gar keiner Religion in Verbindung standen. Wenn man das Leben des Propheten betrachtet, findet man zahlreiche Beispiele, die den hohen Grad der Toleranz zeigen, die er Andersgläubigen gegenüber gezeigt hat.
Um diese Toleranz zu verstehen und zu beurteilen, muss man die Zeitspanne betrachten, in der der Islam ein formaler Staat war, mit den besonderen Gesetzen, die der Prophet im Einklang mit den Lehren der Religion festgelegt hat. Obwohl man auch viele Beispiele für die Toleranz, die der Prophet in den dreizehn Jahren seines Aufenthalts in Mekka zeigte, finden kann, könnte man unrichtigerweise auf den Gedanken kommen, dass dies nur geschah, um das Ansehen der Muslime und den gesellschaftlichen Status des Islam allgemein zu heben. Aus diesem Grund beschränkt sich diese Diskussion auf die Zeitspanne, die mit der Auswanderung des Propheten nach Medina begann und zu der die Gründung des Staats geschah.
Die Sahiefah
Das beste Beispiel für die Toleranz, die der Prophet gegenüber anderen Religionen zeigte, ist möglicherweise die Konstitution selbst, die von den frühen Historikern ´Sahiefah´genannt wurde.[1] Als der Prophet nach Medina auswanderte, endete seine Rolle als bloßer religiöser Führer; er war jetzt politischer Führer eines Staates, regiert nach den Richtlinien des Islam, die verlangten, dass klare Gesetze für die Regierung festgelegt wurden, um Harmonie und Stabilität in einer Gesellschaft zu sichern, die zuvor durch Jahrzehnte lange Kämpfe verwirrt gewesen war, solche Gesetze, die ein friedliches Miteinander von Muslimen, Juden, Christen und Götzendienern garanierten. Aus diesem Grunde legte der Prophet eine ´Konstitution´ fest, in der die Verantwortlichkeiten aller Gruppen, die in Medina weilten, deren Verpflichtungen untereinander und bestimmte Einschränkungen, die jeder auferlegt wurden, enthielt. Alle Gruppen mußten dem gehorchen, was darin festgelegt wurde, und jeglicher Bruch von Gesetzen wurde als Verrat betrachtet.
Eine Nation
Der erste Artikel der Verfassung besagte, dass alle Bewohner Medinas, die Muslime ebenso wie diejenigen von den Juden, Christen und Götzendienern, die den Pakt eingegangen waren, "eine Nation unter Ausschluß aller anderen" bildeten. Alle wurden als Bewohner und Mitglieder der Gesellschaft Medinas betrachtet, ungeachtet ihrer Religion, Rasse oder Abstammung. Menschen anderen Glaubens wurden vor Schaden genauso beschützt wie die Muslime, wie ein anderer Artikel vorschreibt: "den Juden, die uns folgen, steht Hilfe und Gleichheit zu. Keinem soll Schaden zugefügt werden, noch soll seinen Widersachern geholfen werden". Zuvor hatte jeder Stamm seine eigenen Bündnisse und Feinde innerhalb und außerhalb Medinas gehabt. Der Prophet sammelte diese unterschiedlichen Stämme unter einem System der Regierung, das die früheren Bündnisse zwischen jenen einzelnen Stämmen aufrecht erhielt. Alle Stämme mußten als ein Ganzes handeln, ohne die individuellen Bündnisse zu beachten. Jeder Angriff auf eine andere Religion oder einen anderen Stamm wurde als Angriff auf den Staat betrachtet und ebenfalls auf die Muslime.
Die Leben der Andersgläubigen in der muslimischen Gesellschaft wurden auch geschützt. Der Prophet sagte:
“Wer einen Menschen tötet, der einen Pakt mit den Muslimen geschlossen hat, wird nie den Duft des Paradieses riechen.” (Sahieh Muslim)
Da die Muslime die Oberhand besaßen, warnte der Prophet entschieden davor, Menschen anderen Glaubens schlecht zu behandeln. Er sagte:
“Seid gewarnt! Wer grausam und hart zu einer nicht-muslimischen Minderheit ist; oder ihre Rechte beschneidet; oder ihnen mehr aufbürdet, als sie ertragen können; über den werde ich (Prophet Muhammad) mich am Tag des Gerichts beklagen.” (Abu Dawud)
Jedem seine eigene Religion
In einem anderen Artikel heißt es: "die Juden haben ihre Religion und die Muslime haben ihre." Hier wird klar, dass nichts anderes als Toleranz geduldet wird und dass, obgleich sie alle Mitglieder einer Gesellschaft waren, jeder seine eigene Religion hatte, die nicht beleidigt werden durfte. Jedem war erlaubt, seinen Glauben frei ohne irgendwelche Behinderungen auszuüben und ohne dass irgendwelche provokativen Handlungen geduldet wurden.
Es gibt noch viele anderen Artikel in dieser Konstitution, über die wir diskutieren könnten, aber besonderer Nachdruck wird auf den einen Artikel gelegt, der besagt: "Wenn irgendein Streit oder irgendeine Meinungsverschiedenheit auftaucht, die Unruhe verursacht, muss (die Angelegeneit) vor Gott und seinen Gesandten gebracht werden." Diese Klausel beinhaltet, dass alle Bewohner des Staates eine höhere Stufe der Autorität anerkennen mussten und in den Angelegenheiten, in die unterschiedliche Stämme oder Religionen verwickelt waren, konnte von den einzelnen Führern keine Gerechtigkeit erreicht werden; sie mußten eher dem Staatsführer oder seinen benannten Vertretern vorgetragen werden. Es war allerdings den einzelnen Stämmen erlaubt, die nicht Muslime waren, sich auf ihre eigenen Schriften und auf ihre Gelehrten zu berufen, was ihre eigenen Angelegenheiten anging. Sie konnte, wenn sie wollten, aber auch den Propheten bitten, in ihren Angelegenheiten zu richten. Gott sagt im Qur´an:
“…Wenn sie nun zu dir kommen, so richte zwischen ihnen oder wende dich von ihnen ab...” (Quran 5:42)
Hier sehen wir, dass der Prophet jeder Religion gestattete, in ihren eigenen Angelegenheiten ihren eigenen Schriften entsprechend zu richten, solange dies nicht im Widerspruch mit den Artikeln der Konstitution stand; ein Bündnis, das dem größeren Nutzen eines friedlichen Miteinander in der Gesellschaft Rechnung trug.
Footnotes:
[1] Madinan Society at the Time of the Prophet, Akram Diya al-Umari, International Islamic Publishing House, 1995.
Die Toleranz des Propheten gegenüber anderen Religionen (teil 2 von 2): Religiöse Autonomie und Politik
Beschreibung: Viele glauben fälschlicherweise, dass der Islam die Anwesenheit anderer Religionen auf der Welt nicht toleriere. Dieser Artikel diskutiert einige Grundlagen, wie mit Menschen anderen Glaubens umzugehen ist, die der Prophet Muhammad selbst festgelegt hat. Es werden auch praktische Beispiele aus seinem Leben zitiert. Teil 2: Mehr Beispiele aus dem Leben des Propheten, die seine Toleranz anderen Religionen gegenüber zeigen.
- von M. Abdulsalam (© 2006 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 30 Nov 2009
- Zuletzt verändert am 21 Oct 2010
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Es gibt zahlreiche andere Beispiele aus dem Leben des Propheten, zusätzlich zur Sahiefah, die auf praktische Weise die Toleranz, die der Islam anderen Religionen gegenüber zeigt, porträtieren.
Freiheit religiöser Versammlungen und religiöser Selbstbestimmung
Durch die Zustimmung zur Konstitution besaßen die Juden die vollständige Freiheit, ihre Religion auszüben. Die Juden besaßen in Medina zur Zeit des Propheten ihre eigene Schule, mit dem Namen Bait-ul-Midras, wo sie die Thora lasen, beteten und lehrten.
Der Prophet betonte in vielen Briefen an seine Abgesandten, dass religiöse Institutionen nicht beschädigt werden sollten. In einem Brief an seinen Abgesandten an die religiösen Führer von Saint Catherine auf Berg Sinai, der den Schutz durch die Muslime erbeten hatte:
“Dies ist eine Botschaft von Muhammad ibn Abdullah als ein Bündnis mit denjenigen, die das Christentum annehmen, nah und fern, dass wir mit ihnen sind. Wahrlich, ich, die Helfer und meine Anhänger verteidigen sie, denn Christen sind meine Bürger; und bei Gott! Ich leiste ihnen Beistand gegen alles, das ihnen missfällt. Es wird keinen Zwang auf sie geben. Ihre Richter werden nicht von ihren Posten entfernt, noch ihre Mönche aus den Klöstern. Keiner wird ein Haus ihrer Religion zerstören, es beschädigen oder etwas von dort in muslimische Häuser bringen. Sollte irgendjemand etwas davon nehmen, würde er das Bündnis Gottes beschmutzen und Seinem Propheten ungehorsam sein. Wahrlich, sie sind meine Verbündeten und haben mein Versprechen für ihre Sicherheit, gegen alles, was sie hassen. Keiner zwingt sie, zu reisen oder verpflichtet sie, zum kämpfen. Die Muslime werden für sie kämpfen. Wenn eine weibliche Christin mit einem Muslim verheiratet ist, wird nichts ohne ihre Zustimmung stattfinden. Sie darf nicht davon abgehalten werden, die Kirche zu besuchen, um dort zu beten. Ihre Kirchen stehen unter unserem Schutz. Sie werden weder davon abgehalten, sie zu reparieren, noch wird die Unversehrtheit ihrer Bündnisse angezweifelt. Keiner von dieser Gemeinschaft (der Muslime) darf das Bündnis brechen bis zum Letzten Tag (dem Ende der Welten).”[1]
Wie man sehen kann, bestand dieses Abkommen aus verschiedenen Klausen, die alle wichtigen Aspekte der Menschenrechte abdeckte, einschließlich solcher Themen wie Schutz von Minderheiten, die unter der islamischen Gesetzgebung leben, Freiheit der Anbetung und der Bewegung, Freiheit, ihre eigenen Richter zu benennen und Eigentum zu besitzen und zu verwalten, Ausschluß vom Militärdienst und das Recht auf Schutz im Kriegsfall.
Bei einer anderen Gelegenheit empfing der Prophet eine Delegation von sechzig Christen aus der Region Najran, später ein Teil des Jemen, in seiner Moschee. Als die Zeit für ihr Gebet kam, wendeten sie sich nach Osten und beteten. Der Prophet ordnete an, dass sie in der Moschee gelassen werden sollten und ihnen kein Schaden zugefügt werden durfte.
Politik
Es gibt ebenfalls Beispiele aus dem Leben des Propheten, in denen er mit Menschen anderen Glaubens auch auf politischer Ebene kooperierte. Er wählte einen Nicht-Muslim, Amr ibn Umaiyah ad-Damri aus, um ihn als Botschafter zu Negus zu schicken, dem König von Äthiopien
Dies sind nur ein paar Beispiele für die Toleranz des Propheten anderen Religionen gegenüber. Der Islam erkennt an, dass es eine Vielzahl von Religionen auf dieser Erde gibt und gibt den einzelnen Menschen das Recht, den Weg auszuwählen, den sie für richtig halten. Ein Individuum kann nicht gegen seinen Willen und wurde nie gegen seinen Willen zur Religion gezwungen und diese Beispiele aus dem Leben des Propheten, sind eine Zusammenfassung des Qur´anverses, der Toleranz in der Religion befiehlt und eine Richtlinie für die zwischenmenschlichen Beziehungen von Muslimen mit Andersgläubigen darstellt. Gott sagt:
“…Es gibt keinen Zwang im Glauben...” (Quran 2:256)
Footnotes:
[1]“Muslim and Non-Muslims, Face-to-Face”, Ahmad Sakr. Foundation for Islamic Knowledge, Lombard IL.
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