Biblische Unkorrektheit und Johannes 3:16 (teil 1 von 5)
Beschreibung: Eine Analyse des berühmten Bibelverses “Denn Gott hat die Welt so geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.” Teil 1: Die Glaubwürdigkeit des Johannes-Evangeliums.
- von Laurence B. Brown, MD
- Veröffentlicht am 15 Aug 2016
- Zuletzt verändert am 01 Jul 2018
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Zahlreiche Debatten unter Christen und Muslimen drehen sich um das Thema der biblischen Unkorrektheiten. Ich bin einer von vielen Verfassern, die diesem Thema in allen Einzelheiten Pamphlete bis hin zu Büchern in voller Länge gewidmet haben. Für diesen Artikel aber möchte ich mich nur auf ein Beispiel aus den Schriften beschränken - ein Vers, der viele der relevanten Themen und Argumente zum Strahlen bringt.
Evangelische Christen stellen Johannes 3:16 gerne - als den Grundpfeiler ihrer Religion - zur Schau: "Denn Gott hat die Welt so geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe." Das ist der Vers, den du überall ausgestellt siehst, von Tim Tebow’s Eyeblack bis hin zu T-shirts, Autoaufklebern und am bekanntesten, Plakate bei Sport- und anderen öffentlichen Veranstaltungen.
Was ist der Reiz von Johannes 3:16? Nun, evangelische Christen wollen, dass wir glauben, dass dieser Vers der Menschheit eine mühelose Erlösung verspricht, einzig und allein auf dem christlichen Glauben basierend - was sie Erlösung durch den Glauben nennen. Aber wie wir alle wissen, die Schönheit oder Anziehungskraft einer Behauptung macht sie nicht wahr. Ich kann eine Menge wunderbarer Ideen vorschlagen, doch nur ein Dummer würde sie glauben ohne deren Gültigkeit zu prüfen.
Nun, lass uns genau dies mit Johannes 3:16 tun – lass uns einen genaueren Blick darauf werfen und sehen, ob wir ihn glauben sollten. Wenn es wahr ist, dann ist die billige Erlösung der Deal unseres Lebens. Wenn andererseits nichts seine Gültigkeit unterstützt, wären wir verrückt, wenn wir unsere Erlösung für eine falsche "Schrift" aufs Spiel setzen.
Also fangen wir an, wer ist der Verfasser des "Buches" aus dem Neuen Testament oder der individuelle Schrift der christlichen Schrift, die "Johannes" genannt wird? Der Jünger? Im Gegensatz zu dem, was wir erwarten würden, nein. Bart D. Ehrman erzählt uns: "Matthäus, Markus, Lukas und Johannes haben die Evangelien nicht geschrieben."[1] Desweiteren: "Von den siebenundzwanzig Büchern des Neuen Testaments gehen nur acht fast sicher auf den Autor zurück, dessen Namen sie tragen: die sieben unbestrittenen Briefe des Paulus (Römer, 1 und 2 Korinther, Galater, Philipper, 1 Tessalonicher und Philemon) und die Offenbarung von Johannes (obwohl wir nicht sicher waren, wer Johannes gewesen ist."[2]
Der berühmte Bibelgelehrte, Graham Stanton, stimmt zu: "Die Evangelien sind, anders als die meisten griechisch-römischen Schriften, anonym. Die bekannten Überschriften, die den Namen eines Verfassers angeben, (‘Das Evangelium nach...’) waren nicht Teil des original Manuskripts gewesen, denn sie wurden erst im frühen zweiten Jahrhundert hinzugefügt."[3] Von wem hinzugefügt? "Von unbekannten Personen in der frühen Kirche. In den meisten Fällen sind die Namen Vermutungen oder vielleicht das Ergebnis frommer Wünsche."[4] Das ist kaum das Level an schulischer Genauigkeit, die man für ein Offenbarungsbuch erwarten würde.
Die Tatsache, dass "Das Evangelium nach Johannes" nicht von Johannes, dem Jünger, geschrieben worden war, ist Laien nicht allgemein bekannt. Dennoch teilt Ehrman uns mit: "Die meisten Gelehrten von heute haben diese Identifikationen aufgegeben, und erkennen an, dass die Bücher in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts von anderen unbekannten, doch relativ gelehrten, griechisch sprechenden (und schreibenden) Christen geschrieben worden waren."[5]
Zahlreiche Quellen erkennen an, dass es keinen anderen Beweis als die fragwürdigen Zeugnisse der Verfasser aus dem zweiten Jahrhundert gibt, die behaupten, der Jünger Johannes sei der Verfasser des "Johannes"-Evangeliums gewesen.[6],[7] Zusätzlich teilt uns Apostelgeschichte 4:13 mit, dass Johannes "ungelehrt" gewesen sei.
Stanton stellt diese dringende Frage: "War die spätere Entscheidung richtig, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes zu akzeptieren richtig? Heute ist allgemein bekannt, dass weder Matthäus noch Johannes von einem Jünger geschrieben wurde. Und Markus und Lukas können keine Partner der Jünger gewesen sein."[8]
Professor Ehrman ist unverblümter: "Kritische Gelehrte sind heute ziemlich einstimmig der Meinung, dass Matthäus nicht das erste oder Johannes nicht das vierte Evangelium geschrieben hat, dass Petrus nicht 2 Petrus und vielleicht noch nicht mal 1 Petrus geschrieben hat. Kein anderes Buch des Neuen Testaments erhebt den Anspruch von einem irdischen Jünger Jesus´ geschrieben worden zu sein."[9] Warum also bezeichnet die Bibel die vier Evangelien als Matthäus, Markus, Lukas und Johannes? Einige Gelehrte legen nahe, dass dies der moderne Werbepraktik ähnlich ist, wo Prominente werben, um ein Produkt zu verkaufen.[10] Die Christen aus dem zweiten Jahrhundert, die diese vier Evangelien bevorzugten, hatten eine Wahl - entweder die anonymen Verfasser anzuerkennen oder zu fälschen. Die Täuschung erwies sich als unwiderstehlich und sie wählten, die Evangelien den apostolischen Autoritäten zuzuweisen, damit haben sie die Evangelien illegitim als maßgebend "gebrandmarkt".
Letztendlich haben wir keinen Beweis dafür, dass irgendein Buch der Bibel, die Evangelien eingeschlossen, von Jüngern Jesus´ verfasst wurden. Desweiteren akzeptieren die meisten Gelehrten, dass Paulus der Verfasser von nur der Hälfte der Werke ist, die ihm zugesprochen werden. Unabhängig davon, wer was verfasst hat, Verfälschungen und Inkonsistenzen haben in mehr Manuskriptvarianten resultiert, als es Worte im Neuen Testament gibt! Schließlich kommen auch Gelehrte der Textkritik zu keiner Einigung.[11] Warum? Denn "Betrachtungen hängen von Wahrscheinlichkeiten ab, wie man sehen wird, und manchmal muss die Textkritik eine Reihe von Wahrscheinlichkeit gegen einander aufwiegen."[12] Desweiteren im Hinblick auf die komplexeren textuellen Probleme: "die Wahrscheinlichkeiten sind viel gleichmäßiger verteilt, und der Kritiker muss sich manchmal damit begnügen, die am wenigsten unbefriedigende Lesung zu wählen oder wenigstens zuzugeben, dass es für diese Wahl keine deutliche Grundlage gibt."[13]
Diesen Gedanken weiter ausweitend: "Mitunter wird sich keine der Lesarten als das Original bezeichnen, und eine [d.h., eine Textkritik] wird sich gezwungen sehen, die Lesart auszuwählen, die am wenigsten unbefriedigend ist oder in Vermutungen schwelgt."[14] Hmm. Mutmaßliche Korrektur - ist das nicht Gelehrtenvokabular für "gebildete Vermutung"?
Also vielleicht sollten wir nicht überrascht sein, dass genau wie Jeremia die "falschen Schreibfedern" der Schreiber des Alten Testments bemängelt hat, auch der dritte Kirchenvater, Origen, die "falschen Schreibfedern" der Schreiber des Neuen Testaments bemängelt: "Die Unterschiede zwischen den Manuskripten sind groß geworden, entweder durch die Nachlässigkeit einiger Schreiber oder durch die perverse Dreistigkeit anderer; entweder waren sie nachlässig beim Überprüfen, sie machten Zusätze oder ließen Dinge weg, wie es ihnen gefiel."[15] Nun war es die Stimme eines Kirchenvaters des dritten Jahrhunderts, der nur ein paar hundert Jahre des Christentums kommentierte. Wir müssen uns doch wundern, wie viel schlimmer die Situation seitdem geworden ist. Doch dies wird das Thema des nächsten Artikels dieser Reihe werden.
Über den Autor:
Laurence B. Brown, MD, hat verschiedene Artikel und Bücher geschrieben und
seine offizielle Webseite ist www.leveltruth.com wo man ihn durch die
Kontaktseite kontaktieren kann.
Fußnoten:
[1] Ehrman, Bart D. 2009. Jesus, Interrupted. HarperOne. p. 5.
[2] Ehrman, Bart D. Jesus, Interrupted. p. 112.
[3] Stanton, Graham N. 1989. The Gospels and Jesus. Oxford University Press. p. 19.
[4] Funk, Robert W., Roy W. Hoover, and the Jesus Seminar. The Five Gospels: The Search for the Authentic Words of Jesus. p. 20.
[5] Ehrman, Bart D. 2005. Lost Christianities. Oxford University Press. p. 235.
[6] Kee, Howard Clark (Notes and References by). 1993. The Cambridge Annotated Study Bible, New Revised Standard Version. Cambridge University Press. Introduction to gospel of "John."
[7] Butler, Trent C. (General Editor). Holman Bible Dictionary. Nashville: Holman Bible Publishers. Under "John, the Gospel of."
[8] Stanton, Graham N. pp. 134–135.
[9] Ehrman, Bart D. Lost Christianities. p. 236.
[10] Ibid., p. 235.
[11] Metzger, Bruce M. A Textual Commentary on the Greek New Testament. Introduction, p. 14.
[12] Ibid., p. 11.
[13] Metzger, Bruce M. and Ehrman, Bart D. The Text of the New Testament: Its Transmission, Corruption, and Restoration. p. 316.
[14] Ibid., p. 343.
[15] Metzger, Bruce M. 1963. "Explicit References in the Works of Origen to Variant Readings in New Testament Manuscripts," in J. N. Birdsall and R. W. Thomson (ed.), Biblical And Patristic Studies In Memory Of Robert Pierce Casey. Herder: Frieburg. pp. 78–79.
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