Literatur im Islam (teil 1 von 3): Bücher inBagdad
Beschreibung: Selbst Krieg und Besetzung kann Bagdads Vermächtnis der Literatur nicht auslöschen.
- von Aisha Stacey (© 2013 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 15 Jul 2013
- Zuletzt verändert am 09 Jun 2014
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Bagdad wurde von einer Reihe von Explosionen getroffen. Die Stadt wurde von Gewalt durchtränkt. Bagdad gleicht Chaos, Tod und Zerstörung. Bagdad ist eine Stadt, die vor Schmerzen und Tod unter dem Rauchvorhang schreit. Wenn wir das wirre Durcheinander auf unseren Fernsehbildschirmen betrachten, ist es schwer, sich vorzustellen, das Bagdad einst ein großer Sitz der Gelehrsamkeit gewesen ist. Bagdad und Bücher sind seit hunderten von Jahren untrennbar. Bücherregale zieren die Häuser der Familien und Buchverkäufer reihen sich in den Straßen von Bagdad. Selbst jetzt inmitten der Trümmer und des Tumults kaufen die Bürger von Bagdad Bücher. “Es ist eine alte Krankheit im Irak – die Leute geben ihr Geld für Bücher aus anstatt für Lebensmittel.” scherzt ein irakischer Übersetzer für NBC News[1].
In der Zeit, die die westliche Geschichte als Mittelalter bezeichnet, begann die Liebesgeschichte zwischen Bagdad und den Büchern. Zu einer Zeit, als Kirchen in Europa sich glücklich schätzten, wenn sie eine Bibliothek hatten und ein paar Bücher besaßen, gab es in Bagdad eine Straße, die von über 100 Geschäften gesäumt war, von denen jedes Bücher, Gegenstände oder beides verkaufte. In der westlichen Welt war es ein Privileg der Reichen oder der religiösen Autoritäten, aber in Bagdad hatten die Menschen Zugang zu über 30 Bibliotheken.
Innerhalb von 200 Jahren nach dem Tod des Propheten Muhammad wuchs die kleine islamische Nation zu einem großen Reich heran, das sich von Nordafrika bis nach Arabien, von Persien bis nach Usbekistan erstreckte und seine Grenzen nach Indien und noch weiter voranschob. Um 750 nChr wurde Bagdad, die Stadt, die an den Ufern des Tigris gebaut war, zur Hauptstadt des islamischen Reiches bestimmt. Ihre Lage verband sie mit weit entfernten Ländern wie China und Bagdad wurde bald nicht nur zum politischen und verwaltenden Zentrum. sondern auch der Mittelpunkt der Kultur und der Gelehrsamkeit.
Männer und Frauen aus allen Teilen des Reiches strömten nach Bagdad und brachten Kenntnisse aus den weit entfernten Ecken der bekannten Welt mit.
Muslime, Juden, Christen, Hindus, Zoroastrianer und sogar Menschen unbekannten Glaubens lebten in Bagdad. Bücher fingen an, das Leben in Bagdad zu symbolisieren. Die Straßen wimmelten von Verfassern, Übersetzern, Schreibern, Buchmalern, Bibliothekaren, Buchbindern, Sammlern und Verkäufern. Allerdings mussten diese Menschen mit verschiedenen Hintergründen verbunden werden. Arabisch entwickelte sich als Sprache der Gelehrten und die Verbindung wurde aufgestellt.
Die Werke von Plato, Ptolemy und Plutarch unter anderen wurden auf arabisch übersetzt. Jüdische Philosophen verwendeten arabische Übersetzungen griechischer philosophischer Werke, um ihre eigenen Abhandlungen und Essays zu schreiben. Als Europa begann, sich vom Mittelalter zu einer Periode der Erleuchtung zu entwickeln, haben sie sich auf Bücher berufen, die auf arabisch geschrieben waren, um die Fundamente des westlichen Reiches einzulösen und zurückzufordern.
Viele dieser Originalbücher, die in Bagdad übersetzt wurden, sind in ihrer Heimat verloren gegangen oder zerstört worden und nur ihre arabischen Übersetzungen überdauerten. Die Gelehrten von Bagdad sind für die Bewahrung klassischer Werke der Griechen, Römer und Ägypter verantwortlich und haben sogar Klassiker von Persien, Indien und China bearbeitet. Diese großartigen Werke wurden vom Arabischen zurück Sprachen wie türkisch, persisch, hebräisch und lateinisch übersetzt. Der katholische Theologe Thomas Aquinas machte seine berühmte Integration von Glaube und Vernunft, nachdem er Aristoteles´ Philosophien in Übersetzungen durch Gelehrte von Bagdad gelesen hat.
Die Gelehrten von Bagdad haben nicht nur großartige Werke gesammelt und synchronisiert, sie fügten sie zu einem Körper des Wissens zusammen. Sie eröffneten neue Gebiete des Wissens wie Himmelsmechanik, und führten die Welt in Algebra und Geometrie ein. Ein Gelehrter aus Bagdad fertigte ein ophthalmologisches Lehrbuch an, von dem angenommen wird, dass es das erste medizinische Buch ist, das anatomische Zeichnungen enthielt. Es war definitiv das Werk des Ostens und des Westens und wurde für über acht Jahrhunderte genutzt.
Als Bagdad sich zu einem Zentrum des Lernens veränderte, eröffneten der Kaliph, Harun Al Rashid, und sein Sohn, al-Mamoon, eine der berühmtesten Denkfabriken der Geschichte, Bayt al Hikmah oder das Haus der Weisheit. Die Gelehrten im Haus der Weisheit haben sich im Gegensatz zu ihren modernen Gegenstücken, nicht „spezialisiert“. Al-Razi war ein Philosoph und auch Mathematiker und al-Kindi schrieb über Logik, Philosophie, Geometrie, Kalkulation, Arithmetik, Musik und Astronomie. Unter seinen Werken waren Titel wie Der Grund aus dem der Regen selten an bestimmten Orten fällt, Der Grund für Vertigo, und Kreuzung von Tauben.
Der Historiker al-Maqrizi beschrieb die Eröffnung des Hauses der Weisheit im Jahre 1004 nChr. “Die Studenten haben ihre Wohnungen eingenommen. Die Bücher wurden von [vielen anderen] Bibliotheken gebracht ... und die Öffentlichkeit wurde zugelassen. Wer wollte, war frei, jegliches Buch zu kopieren, oder wer dies benötigte, konnte jegliches Buch, das er in der Bibliothek fand, lesen. Die Gelehrten studierten den Qur´an, Astronomie, Grammatik, Lexikographie und Medizin. Das Gebäude war im übrigen mit Teppichen geschmückt und alle Türen und Korridore hatten Vorhänge, und Leiter, Diener, Träger und andere Dienstboten waren bestimmt, um die Einrichtung zu erhalten.”[2]
Bücher haben in Leben von Bagdad immer eine große Rolle gespielt. Im elften Jahrhundert nChr hatte ein Manuskript “…ungefähr dieselbe Größe wie ein modernes Buch, enthielt Papier von guter Qualität, das von beiden Seiten beschriftet und in Leder eingebunden war.“ Ein durchschnittlicher Buchladen enthielt mehrere hundert Titel einschließlich Qur´an und Kommentare des Qur´an, Sprachen und Kalligraphie, christliche und jüdische Schriften, Geschichten, Regierungsarbeiten, Berichte vom Gerichtshof, vor-islamische und islamische Dichtung, Werke unterschiedlicher Rechtsschulen, Biographien, Astronomie, griechische und islamische Medizin, Literatur, Unterhaltungsliteratur und Reiseführer (nach Indien, China, Indochina).[3]
Heute, wo die Bomben um sie herum explodieren, und die Welt in einen Abgrund stürzt, halten die Menschen von Bagdad an ihrem literarischen Erbe fest. Zwischen den Trümmern betreiben die Buchhändler ihren Handel und die Bewohner von Bagdad wählen zwischen lesen und essen. Dies ist allerdings nicht überraschend, denn der Islam hat eine lange Tradition der Literatur. Das erste Wort des Qur´an, das dem Propheten Muhammad offenbart wurde, war iqra – lesen, lernen und verstehen. Im zweiten Teil werden wir auf eine Entdeckungsreise gehen und sehen, was der Qur´an und die authentischen Überlieferungen des Propheten Muhammad über Literatur und die Suche nach Wissen sagen.
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